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-Attac


GEGENPOL: ORGANISIERTE, SANFTE GLOBALISIERUNG

www.attac-austria.org

Vom 1. bis 3. Juli findet in Salzburg der Gipfel des Weltwirtschaftsforum-Europa statt. Im privaten Rahmen treffen sich über 1000 global leaders aus Politik und Wirtschaft. Mitte Juni tagt in Göteborg der EU-Gipfel. Die Weltbank diskutiert Ende Juni in Barcelona. Und Ende Juli schliesslich trifft sich die G8, die Staatsoberhäupter der wichtigsten 8 Industriestaaten, in Genua.

Es wird fleissig gearbeitet im Interesse des grossen Kapitals.

Wenn man den Marktmechanismus als ausschliesslichen Lenker des Schicksals der Menschen und ihrer natürlichen Umwelt zuliesse, dann würde dies zur Zerstörung der Gesellschaft führen, sagte der Wissenschaftler Karl Polanyi bereits 1944.

Darum ist es eine Überlebensfrage, die Wirtschaft zu demokratisieren und sie langfristig auf die Existenzinteressen der Menschheit auszurichten. Denn die derzeitige Entwicklung der Weltwirtschaft lässt wichtige Probleme ungelöst und schafft immer neue. Die ökologische Krise verschärft sich, eine weltweit wie national gerechte Einkommensverteilung ist weiter entfernt denn je zuvor, lokale Ökonomien und Kulturen werden einplaniert, die Gewinne konzentrieren sich auf wenige Regionen und Akteure, und die politische Macht verschiebt sich hin zu den global players auf den internationalen Finanzmärkten, wodurch die Demokratie weltweit ausgehöhlt wird und die Krisenanfälligkeit des globalen Wirtschaftsystems zunimmt.

Die Behauptung, Globalisierung in ihrer jetzt herrschenden Form sei ein alternativloser Sachzwang, ist reine Ideologie. Selbst im finanzpolitischen mainstream taucht da und dort die Erkenntnis auf, dass für die Finanzmärkte, die den ökonomischen Kern der Globalisierung ausmachen, eine neue internationale Finanzarchitektur erforderlich ist.


Attac 1 , Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte, stellt Massnahmen für eine Trendwende vor.

Die primäre Forderung zur Kontrolle der Finanzmärkte ist die Besteuerung von Devisentransaktionen. Wenn der Wechselkurs zwischen Dollar und Yen in Hongkong nur für ein paar Stunden eine Differenz von ein Prozent zu Tokyo ausmacht, kann man aus 100 Millionen per Mausklick eine Million Gewinn machen. Diese Geld muss besteuert werden (Tobin-Steuer). Die Tobin-Steuer wäre ein Einstieg in die längst überfällige internationale Besteuerung. Sie ist keine Massensteuer, sondern holt das Geld dort, wo es massenhaft vorhanden ist.

Kapitalverkehrskontrollen sind nötig, wie sie bis in die 70er Jahre in den Industrieländern gang und gäbe waren, als Massnahme, den rasanten Abzug von Kapital und die damit verbundene Destabilisierung der Volkswirtschaft zu verhindern. Ebenfalls wichtig ist die Stabilisierung der Wechselkurse zwischen, Dollar, Euro und Yen.

Weiters geht es um die Entschärfung des Standortwettbewerbes durch Trockenlegung der Steueroasen und eine global einheitliche Konzernbesteuerung gegen den desaströsen Steuerwettlauf nach unten. Denn viele Konzerne zahlen gar keine Steuern mehr und kassieren stattdessen sogar öffentliche Gelder, um an einem bestimmten Standort zu investieren.

Die Entschuldung der armen Länder ist eine unverzichtbare Voraussetzung für ihre unabhängige Entfaltung. Damit die Schuldenlast auf ein sozial und ökonomisch tragfähiges Niveau reduziert werden kann, bedarf es eines Insolvenzrechts für überschuldete Staaten.

Ohne Umsetzung der Menschheitsziele, wie sie in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der UNO formuliert wurden, gibt es keine weltweite Demokratisierung. Dazu müssen die drei zentralen internationalen Institutionen der Weltwirtschaft (IWF, Weltbank und WTO) den UNO-Zielen untergeordnet werden. Besser wäre die Schaffung neuer demokratischer Institutionen an ihrer Stelle.

Zur Ausweitung des politischen Spielraums in der EU bedarf es der demo-kratischen Kontrolle der Europäischen Zentralbank. Zugunsten einer Abstimmung von geld- und beschäftigungspolitischen Zielen muss von der einseitigen Ausrichtung auf Geldwertstabilität abgegangen werden.

Die Beibehaltung und der Ausbau des öffentlichen Pensionssystems soll verhindern, dass private Vorsorgegeldanlagen die Finanzmärkte aufblähen und sie dadurch krisenanfälliger machen. Der Druck der Finanzmärkte würde direkt auf jene zurückschlagen, die in diese Pensionsfonds einzahlen - nämlich die ArbeitnehmerInnen, die, um Aktienkurse hochzuhalten, Lohneinbussen, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit hinnehmen müssten.

Wesentliches Regulativ, die Schere zwischen Arm und Reich zu verringern, ist die gleiche Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkommen. Der Anteil der Unternehmensgewinnsteuern am Gesamtsteueraufkommen hat sich seit 1970 nahezu halbiert. Der Beitrag der Vermögenssteuer zur Staatsfinanzierung ging um zwei Drittel zurück, und mit dem Stiftungsrecht haben die Reichen seit 1993 die Möglichkeit, fast gar keine Steuer mehr auf ihre Einkommen zu zahlen. Österreich ist eine Steueroase. Allein die Anhebung der Unternehmensbesteuerung auf das EU-Durchschnittsniveau und der Vermögensbesteuerung auf das OECD-Durchschnittsniveau ergäbe eine zusätzliche Einnahme in der Höhe von 70 bis 90 Milliarden Schilling! Zusätzlich soll die Börsenumsatzsteuer wieder eingeführt werden.

Um der Kostenwahrheit Rechnung zu tragen, bedarf es ausserdem der Ökologisierung des Steuersystems.

Zur Zeit trägt der Faktor Arbeit 60% aller Steuern und Abgaben, auf Konsum entfallen 25%, auf Kapital 10%. Die nicht erneuerbaren Ressourcen sind steuerlicher Schonfaktor: Sie tragen nur 5% zur Staatsfinanzierung bei. Der Ressourcenverbrauch muss als Kernursache aller Umweltschäden stärker besteuert werden.

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1 ATTAC Österreich ist der nationale Zweig einer internationalen Bewegung zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte, die 1998 in Frankreich entstand und seither in 19 Ländern Afrikas, Amerikas und Europas Netzwerke gebildet hat!