Hire & Fire
-Friedenswerkstatt Linz
KRIEGSINDUSTRIE UND ÖKONOMISCHE ZUSAMMENHÄNGE
Österreich will seine Neutralität loswerden, europaweit werden die Militärbudgets gewaltig aufgestockt, während die Gelder im Sozial-und Kulturbereich, im Gesundheits- und Bildungswesen dramatisch gekürzt werden.
Krieg ist gut für die Wirtschaft.
Der ehemalige Daimler-Benz-Chef Reuter bringt es sehr einfach auf den Punkt: Die Weltmärkte werden neu aufgeteilt, und wir wollen dabei sein. (zitiert nach isw-Report 17/1993)
Der Neoliberalismus operiert mit einer doppelten Dynamik. Die weltweite Schere zwischen Arm und Reich wird immer grösser. Als Folge davon entstehen immer mehr Konflikte vor Ort. Gleichzeitig werden diese Konflikte von den reichen Ländern instrumentalisiert, das heisst, Gelder werden in die Rüstung gesteckt, Gelder, die dann wieder in der Entwicklungshilfe fehlen, Gelder die dem Internationalen Währungsfond (IWF) verzinst werden müssen, Gelder, die dem neoliberalen Wirtschaftssystem verpflichtet sind - ein teuflischer Kreislauf.
Am Anfang des Kreislaufs steht die Politik des IWF.
Interessiert sind die westlichen Nationen an Rohstoffen und Absatzmärkten. Wer kann den Markt beliefern? Sind die Länder selbst in der Lage, ihren eigenen Markt abzudecken oder sind sie angewiesen auf westliche Produkte.
Ein weiteres Interesse gilt billigen Arbeitsplätzen und Standorten, um die schmutzigen Industrien anzusiedeln.
Neoliberale Wirtschaftspolitik ist bestrebt am eigenen Standort möglichst kostengünstig zu produzieren. Damit wird der eigene Absatzmarkt von innen ausgehöhlt, denn bei niedrigen Löhnen kann weniger gekauft werden. Das führt zu einer aggressiven Exportpolitik, damit erhöht sich wiederum der Druck auf die interne Produktion, heisst Druck am Arbeitsmarkt.
Orientiert sich die Produktion auf einen Absatz am Binnenmarkt, werden hohe Löhne gezahlt, damit ist der Absatz im Inland gesichert und ein friedliches Klima geschaffen.
Durch die Globalisierung des Neoliberalismus haben wir eine Situation, dass alle Länder die Strategie des aggressiven Exportes betreiben. Nur einige Wenige können jedoch erfolgreich sein bei der Eroberung neuer Märkte. Wird dieses Ziel über „Krisenintervention“ erreicht, richtet sich der Anteil am Wiederaufbaugeschäft nach dem Beitrag an der militärischen Operation. Es kommt zu einem Rüstungswettlauf zwischen West und West.
Die 3. Welt ist ein wichtiger Exportmarkt für Rüstungsgüter.
In den 80er und 90er Jahren setzte in vielen Weltregionen ein dramatischer Verarmungsprozess ein, dadurch stieg und steigt das Konfliktpotential. Nationalistische, islamistische Auswüchse sind die Reaktionen auf den Neoliberalismus.
Der Nahe Osten, Kaukasus, Zaire sind von enormen ökonomischen Interesse in Hinblick auf Rohstoffe und Absatzmärkte. Das ist auch der Radius eines möglichen Einsatzgebietes der Euroarmee. An Konfliktpotential herrscht kein Mangel.
Die reicheren Regionen werden rübergezogen, heisst im westlichen System vereinnahmt, arme Gebiete werden abgestossen, ganze Landstriche werden abgeschrieben. Beispiel Ruanda: keine Rohstoffe, keine Absatzmärkte, kein Eingreifen. Solche Konflikte lässt man einfach ausbrennen.
Ruanda gehört zu jenen Armutsregionen Afrikas, in denen Cashcrop angebaut wird, Exportgetreide für den Weltmarkt zur Schuldenbegleichung, während die Bevölkerung hungert. Durch diese Monokulturen verödet das Land - ein tödlicher Kreislauf, der oft damit beginnt, dass Waffen vom Westen auf Pump gekauft wurden.
Der IWF gibt die Spielregeln vor, wie die Schulden zurückzuzahlen sind. Das sind Privatisierung, Abbau der Lebensmittelsubventionen für die eigenen Landwirte, die Exportsektoren müssen forciert werden, damit zumindest der Zinsendienst aufrechterhalten werden kann. Eine systematische Umverteilung von Süden nach Norden findet statt. In den letzten 20 Jahren floss mehr Geld von Süden nach Norden, Entwicklungsgelder und Investitionen westlicher Firmen miteingerechnet. In den 70er Jahren war das Verhältnis noch umgekehrt.
Wenn die ökologischen Probleme in den Regionen wachsen, vergrössern sich die Flüchtlingsströme, und damit steigern sich die Konflikte.
Ökologische Krisenprozesse sind eine eigenständige Konfliktursache, wie der Kampf um Wasser im Nahen Osten und mittleren Afrika. Verantwortlich dafür sind neoliberaler Raubbau an der Natur. Wie zum Beispiel Monokulturen, die für den Export betrieben werden, anstatt für den Binnenmarkt zu produzieren.
Es gab drei grosse Wirtschaftskrisen in den letzten 120 Jahren. Im 19. Jahrhundert wurde die koloniale Aufteilung der Welt vorangetrieben. Dabei ist Deutschland zu kurz gekommen und wollte über den 1. Weltkrieg eine Neuaufteilung erzwingen. Die Wirtschaftskrise von 1929-32 führte zum 2. Weltkrieg.
Im anschliessenden Wiederaufbau bis zu den 70er Jahren florierte und expandierte die Wirtschaft. Dann ist diese Dynamik abgerissen und der historische Gegenspieler zum Kapitalismus, der Kommunismus fiel weg. Nun misst man sich am innerkapitalistischen Gegenspieler.
Das wesentliche am neoliberalen Wirtschaftssystem ist die Konkurrenz, die Steigerungsform von Konkurrenz ist der Krieg.
Es werden wieder Stellvertreterkriege an der Peripherie geführt werden, wie früher zwischen Ost und West. Dafür braucht man eine starke Euroarmee, um mit Amerika mithalten zu können. Der Jugoslawienkrieg war ein willkommener Anlass, sie zu rechtfertigen.
Gesprächsprotokoll Gerald Oberansmayr, Friedenswerkstatt Linz,
23. 5. 2001
Die europäische Union ruht auf zwei Pfeilern: Auf der Währungsunion und der Gemeinsamen Aussen-und Sicherheitspolitik (GASP).
Währungsunion. Über die monetären Konvergenzkriterien für die Währungsunion und den Stabilitätspakt sollen die öffentlichen Haushalte zum Sparen gezwungen werden. Die österreichische Regierung hat für diesen EU-Auftrag eine einprägsame Kurzformel gefunden: Nulldefizit. Dafür werden Studiengebühren eingeführt, Pensionen gekürzt, das Kranksein verteuert, die Arbeitslosen und Behinderten geschröpft und öffentliches Eigentum verschleudert. Was als Sachzwang präsentiert wird, ist tatsächlich eiskalte Politik im Interesse des grossen Kapitals. Der Sozialstaat hat dazu beigetragen, die Unsicherheit der Existenz zu lindern. Damit soll nun Schluss sein. Denn soziale Sicherheit reduziert die Gefügigkeit der besitzlosen gegenüber den besitzenden Klassen. Einem hemmungslosen Neoliberalismus stehen aber nicht nur der Sozialstaat in den Zentrumsländern im Weg, sondern auch jene Staaten an der Peripherie, die nicht bereit sind, die Diktate des Internationalen Währungsfonds zu schlucken und dem EU-Kapital bedingungslos ihre Rohstoff- und Absatzmärkte zu öffnen. Daher wird intensiv am Ausbau des zweiten Pfeilers gearbeitet.
Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP). Wenn durch Sozialabbau und Lohnkürzungen der Absatz im Inneren stockt, müssen neue Möglichkeiten für den Waren- und Kapitalexport erschlossen werden. Kapital schätzt zwar Existenzunsicherheit der Unterworfenen, hat aber einen Horror vor der Unsicherheit der Rendite. Damit diese Rendite auch auf Auslandsmärkten gesichert bleibt, braucht es politisch-militärischen Flankenschutz. Dafür soll nun im Rahmen der GASP bis zum Jahr 2003 eine europäische Eingreiftruppe installiert werden. Aus: Aufrüstung=Sozialabbau, Gerald Oberansmayr, Guernica, 4/2000
Kriegsermächtigung durch Artikel 23f BVG: Mit der Novellierung des Artikel 23f BVG bereits im Jahr 1998 wurde der Kerngehalt der österreichischen Neutralität eliminiert. Der Artikel 23f besagt, dass Österreich wieder in Kriege ziehen kann, die von der EU geführt werden. Weltweit, und ohne UNO-Mandat. Die Entscheidung über die Beteiligung Österreichs an Kriegen treffen Bundeskanzler und Aussenminister in den Gremien der EU.
Alleine zwischen 1996 und 2000 betrug der Zuwachs der Gelder für militärische Angelegenheiten 8,6%. Die Ausgaben für soziale Wohlfahrt sind in diesem Zeitraum dagegen um 2,3% zurückgegangen.
... Bei etwa 1,26 Billionen ATS liegt der Jahresumsatz aller europäischen Rüstungsunternehmen. Knapp eine Million Menschen sind EU-weit im Waffenbau tätig. Der wehrtechnische Umsatz umfasst ca. 3% der EU-Industrieproduktion...
...Insgesamt stehen in den nächsten 10 bis 15 Jahren mehr als 200 Waffenprojekte auf der Bestellliste der deutschen Bundeswehr. Kosten: mindestens 1.575 Milliarden ATS und für den Betrieb zusätzlich rund 2.240 Milliarden ATS. Gleichzeitig werden die sogenannten Krisenreaktionskräfte, die für den weltweiten Interventionskrieg trainiert werden, von 50.000 auf 150.000 Mann verdreifacht. Schaut man sich gleichzeitig die gewaltigen US-amerikanischen Rüstungspläne an, so kann man bereits von einem massiven Wettrüsten zwischen der EU und den USA sprechen......
Informationspapier Friedenswerkstatt, Linz