Infracenter
Das Rolling Art ™ Turnier
Parkdeck. O-Businie 43 bis Haltestelle Neue Heimat.
Infracenter. Der verschwundene Ort.
von Eugenie Kain

Die Mittagsonne knallt auf den Parkplatz des Infracenter. Der McDonald´s ist auch am Sonntag voll. McDonald´s ist nicht der einzige fastfood-Anbieter der Gegend. Hinter dem InfraCenter säbelt der Kebab-Mann und im industriellen Hinterland stößt man auf alteingesessene Würstelstände und Imbißbuden und unter der Woche gibt es im Infracenter auch beim Gusto-Treff den schnellen Schlick. Pizza und so. Das InfraCenter. Geliftet, neu gestylt und rundum erneuert sind dem ältesten Linzer Einkaufszentrum die Jahre nicht anzusehen. Vom Shopping Flaggschiff der 70er blieb nur mehr der Name. Im Angebot waren orange-türkis-schwarz-gestreifte nabelkurze Acrylwolljacken mit Reißverschluß und günstige Grillhendln. Die Erinnerung gibt den Blick auf eine breite Treppe frei, riesige, von der Decke baumelnde Dekorationen, die Einkaufswagen bleiben im Parterre. Aber die Konkurrenz schlief nicht und das Konzept ging nicht auf und das Infracenter war lange Zeit die erste Einkaufszentrumsruine von Oberösterreich. Bis der Betonwürfel reanimiert wurde und mit tag- und nachtaktivem Angebot wieder Vorreiter wurde und die Wirten aus der Altstadt um ihr Geschäft zittern ließ. Am Tag einkaufen, in der Nacht tanzen, am Sonntag zum "Mäci" und nachher Skaten oder zur Fitneß. Keine Wiese wird unnötig zertreten, wenn die Freizeit im Geviert abläuft, kein Groschen unötig gespart. Vorher war da nichts, sagt er, der vor 30 Jahren, zur Zeit der 5-Uhr-Tees jung war. Zum Tanzen fuhren die Leute nach St. Martin oder in die Stadt. Hier war gar nichts, nur ein Baum und eine Gstättn. Der Baum war mein Baum, sagt sie. Ein Bilderbuchbaum, eine Kastanie, die die Jahreszeiten weitum in alle Richtungen reflektiert hat. Wie oft bin ich darunter gesessen. Als Kind alleine, später mit dem Geliebten, der bei der Busstation gewartet hat. Der Zufahrtsweg zu den Fabriken ging schräg über den Platz. Die Semperit war eine der größeren. Der verschwiegene Spaziergang mit der Freundin, sagt er, war begleitet vom Pfauchen und Stampfen der Nachtschicht und dem Gummigestank. Überall auf den Halden lagen die blauen Plastikfolien der Semperit, sagt sie, die haben wir als Kinder gesammelt, weil wir sie brauchen konnten. Und trotzdem war es ungemein ländlich, sagt er. Eine eigenartige Kombination aus Industrie, Feldern und Gstättn. Bis zum Harter Plateau Felder, zum Teil auch heute noch. Trotzdem war die Stadt nicht weit, eine Viertelstunde mit dem O-Bus. Hier war kein richtiger Rand, es hat sich nichts abgespielt. An einer Peripherie spielt sich mehr ab. Game Planet, Video Gigant, Billard, McDonald´s, Textilreinigung, Imbiß Gustotreff, Merkur, Marco Polo, Oberbank, Libro, Fußl, Dm, Mausefalle, Fitneß Studio, Fun, Lucky Valley, Tanz Cafe Filou. Das Laufrad der Spaßgeneration. Semperit produziert nicht mehr in Linz. Die Fabrik wurde an kleinere Firmen vermietet, ein Lokal an "Bürger von Bosnien und Herzegowina." Hinter der Semperit, nach der Bahnunterführung, eingepackt in Fliederduft und Vogelgeschrei, liegt die alte VÖEST-Siedlung in der Schererstraße. Aus dem Greißler ist ein Lampenschirmgeschäft geworden, aber an den Autos wird noch herumgebastelt und die Teppiche werden geklopft. Auch die Fischfabrik Hawlik gibt es noch, sie produziert nach wie vor Russen, Rollmöpse und Gabelbissen, sie beschäftigt nach wie vor vorwiegend Frauen. Diese Factory Girls waren vor 30 Jahren nicht sehr angesehen. Ungelernt oder fremd, "Gastarbeiterin" oder vom Zöhrdorferfeld und mit Hautgout. Bei Schichtwechsel galt es den O-Bus zu meiden, sagt er, weil den Arbeiterinnen ein Fischgeruch entströmte, den diese gar nicht mehr wahrnahmen, die anderen Fahrgäste aber abrücken ließ. Bei einer aus der Fischfabrik hast du sofort alles über das Umfeld und die Sozialisierung gewußt. Die Verkäuferin vom Infracenter stand höher in der Achtung. Die Türsteher schauen auf das Gewand und ins Gesicht. Der Zerberus mag keine "Prolos". Mit Junior-Tüten schlagen die Kinder den Sonntag tot, während die Eltern ihren Burger aus der Schachtel fischen und die Kartoffelstäbchen aus dem Sackerl. Durchmachen ist nicht mehr drin mit den kids, aber das Kochen am Sonntag kann man sich sparen.

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