Zöhrdorf/Askö Sportplatz
Das Rolling Art ™ Turnier
Angererhofweg 16. O-Buslinie 41 bis Haltestelle Binderlandweg.
Zöhrdorferfeld - der verschwindende Ort.
von Eugenie Kain

Die Schwarzpappel ist ein Windblütler. Ende Mai springen die Fruchtkapseln der weiblichen Kätzchen und weißbüschelige Pappelsamen machen sich auf den Weg. Im Zöhrdorferfeld schneit es. Die weißen Pappelflocken senken sich auf die einstöckigen gemauerten Barackenhüuser und die Campingbetten, Küchensessel, Klappstühle und Fauteuils, die vor den Häusern stehen. Hier hält man sich viel im Freien auf, lebt sozusagen auf der Straße, was dem ganzen Grätzel einen mediterranen Anstrich gibt - umso irritierender sind die weißen Flocken. Südliches Flair mit winterlicher Note. Die Idylle ist trügerisch. Den Häusern sieht man es an, daß es nicht nur eine Lust, sondern auch eine Notwendigkeit ist, das Wohnzimmer ins Freie zu verlegen. Zwei Zimmer, 33 Quadratmeter, Klo am Gang, links davon eine Wohnung, rechts davon eine Wohnung. Ganze Häuserzeilen mit diesem Grundriß wurden aus dem Boden gestampft. Infrastruktur gibt es auch heute kaum. Einen Maxi - Markt, einen Billa, zwei Sportplätze, ein paar Lokale mit schlechtem Ruf. Nach wie vor ist das ganze Zöhrdorferfeld verschrien. Zigeuner, Kriminelle, Gewalttäter. Die BewohnerInnen kontern mit trotzigem Stolz und Zusammenhalt gegen die Neue Heimat und Wegscheid und gegen den Rest von Linz. Das Zöhrdorferfeld stiftet Identität. Aus dem "ZdF" zu kommen, das ist was. Auch wenn es bei der Arbeitssuche ein handfester Nachteil ist, auf dem Lebenslauf den Besuch der HS 17 vermerkt zu haben. Man ist schnell draußen aus dem "Zdf" - in den Traunauen. Sichtbare und unsichtbare Grenzen schneiden das Zöhrdorferfeld von der Stadt ab. Die Salzburgerstra6szlig;e, die Selztalstrecke der Bahn, die Neubauzeile. Im Bewußtsein der Jungen verblassen diese Grenzen allmählich, sagt Günther von Streetwork Linz Süd, aber jetzt, da die Streetworker in die Zechmeisterstraße übersiedeln, rund 400 Meter Luftlinie enfernt, aber eben auf der anderen Seite der Neubauzeile, heißt es schon. Ihr seid ja dann nimmer im "Zdf". Das jetzige Büro an der Neubauzeile liegt sozusagen im Zentrum des Zdf, sagt Günther. Weil es zwischen den aneinandergereihten Häuserzeilen mit ihren Vorplätzen kein wirkliches Zentrum gibt, bildet die Schnittstelle zwischen Busstation und Tankstelle bereits ein Ballungsgebiet verschiedener Interessen. Günther kommt aus Freistadt. "Bevor ich angefangen habe, hier zu arbeiten, hatte ich in Linz zu tun und habe mir angeschaut, wo in etwa mein zukünftiges Arbeitsgebiet sein wird. Mein erster Eindruck: Eigentlich möchte ich nicht jeden Tag hier herausfahren." Dieser Eindruck ist geblieben und für ihn ist es wichtig, jeden Tag in Richtung Freistadt zu pendeln, um so auch räumlichen Abstand zu gewinnen. Andererseits war es nicht schwierig, mit den BewohnerInnen Kontakte aufzubauen und akzeptiert zu werden. Das "Zdf" ist ein Dorf in der Stadt, jeder kennt jeden und Fremde bleiben nicht lange fremd. Auch auf den zweiten und dritten Blick ist das "Zdf" keine "schöne" Wohngegend, selbst dort, wo komfortablere Wohnungen neben die Baracken gestellt wurden. Zusammengestoppelt wirkt alles, nicht gewachsen, ins Leere gehend oder auslaufend ins Gewerbegebiet, noch immer nicht mit der Gegend verwachsen, flüchtig und vorläufig. Auf dem Weg ins Zöhrdorferfeld fährt der 41er an einem erst vor wenigen Jahren errichteten Denkmal vorbei, das an jene Frauen erinnert, die nach der Bombardierung des Linzer Frauengefängnisses ins Lager Schörgenhub gebracht und dort von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Die Ebene bot sich zur Errichtung von Barackenlagern an. Fremdarbeiter, Kriegsgefangene, Flüchtlinge. Die Baracken sind (fast) verschwunden, der Lagercharakter ist geblieben. In den nächsten Jahren wird sich im Zöhrdorferfeld viel ändern. Die Baracken an der Neubauzeile werden geschleift. Mehrgeschoßige Häuser werden an ihre Stelle kommen. Im Bewußtsein der BewohnerInnenen ist das geplante Verschwinden ihres Viertels noch nicht verankert. Man sitzt im Pappelschneetreiben und schickt den Buben zum Einkaufen in die Tankstelle. Zigaretten für die Oma, Bierdosen für den Papa und Eis für alle.

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