Eine Aktion auf der Theaterbühne des Hotel Greif wird live auf die vor dem geschlossenen eisernen Vorhang befindliche Kinoleinwand übertragen.
Welser Filmtage, Oktober 1986
"Nebenraum" war das erste Live-Video der Stadtwerkstatt und deswegen kann man es sicher auch als Vorläufer zu den späteren Live-Events im Fernsehen sehen. Ich spreche bei "Nebenraum" noch nicht von Fernsehen, sondern von einem Live-Video, weil es medial in einer kinoähnlichen Präsentation stattgefunden hat, während Fernsehen eine Angelegenheit ist, die man zu Hause im Wohnzimmer oder sonstwo rezipiert. 1986 haben Kurt Hennrich und ich den ersten "Industriefilm" der Stadtwerkstatt geschnitten und zwar ein Video über die Stadtwerkstatt, das hatte den Titel "Das Band". Das war das erste zusammengefaßte Videoband, wo versucht wurde, darzustellen, was ist die Stadtwerkstatt. Diese Produktion wurde 1986 bei den Welser Filmtagen uraufgeführt, aber irgendwie war uns das allen künstlerisch viel zu wenig. Deshalb ist als Art Vorfilm "Nebenraum" entstanden. Die österreichischen Filmtage haben damals in Wels stattgefunden und das Zentrum dieses Festivals war das Hotel Greif, das einen Kinosaal hat, der eigentlich ein Theatersaal ist, in dem für Filmvorführungen eine Leinwand vor dem eisernen Vorhang heruntergelassen wird. Dahinter befindet sich der Theaterraum mit Drehbühne. Niemand von den Zuschauern im Kinosaal hat gewußt, daß es hinter der Leinwand diese Bühne gibt. Der Anspruch war, 7 Minuten lang mit einer Kamera in einer Einstellung live ein Video zu erzeugen, das während seiner Entstehung auf die Leinwand projiziert wurde, die dem Publikum den Blick auf das tatsächliche Aktionsfeld verstellte. Wir haben den Zusehern, ohne daß sie es wußten, eine Art Röntgenaugenset verpaßt. Es handelte sich um ein sogenanntes Echtzeitvideo. Am Anfang hat sich kein Mensch ausgekannt. – Wir haben halt alle möglichen "Personalities" aus dem Bekanntenkreis eingeladen, vom Georg seiner Mutter angefangen bis zum Attila Kosa, Reinhard Anderle, Kohut Roman, die irgendwelche Aktionen gemacht haben. An der Kamera Wolfgang Lehner und was weiß ich, wer da aller noch beteiligt war. Zum Schluß war es dann so, daß zur Auflösung der ganzen Angelegenheit der Wolfgang Hofmann sich auf eine Stange raufgehängt hat, und wir haben ihn hochgezogen. Dann ist der eiserne Vorhang aufgegangen und in dem Moment hat man durch die Leinwand hindurchgesehen, auf der noch immer die Videoprojektion lief. Zur Verblüffung des Publikums wurde der Blick auf einen unvermuteten Theaterraum dahinter frei. Man hat gemerkt, aha, das war ja live.
(Thomas Lehner)
Idee: Thomas Lehner, Kurt Hennrich, Markus Binder, Wolfgang Georgsdorf, Georg Ritter