Gabriele Kepplinger: "Zur Ausgangslage für das Projekt einer Stadtzeitung. Robert Zöchling bemerkte in seinem Vortrag, daß die Beutung einer Zeitung immer erst dann wahrgenommen wird, wenn sie nicht mehr existiert. Auch in Linz gibt es ein prominentes Beispiel dafür.
Linz hatte bereits sowas wie eine Stadtzeitung. Ich zitiere Udo Danielczyk aus dem Versorger: "der hillinger hat weniger bei den lesern als bei den politischen und sonstigen veranwortungsträgern viel staub aufgewirbelt. wir haben nie verstanden, warum der hillinger solche reaktionen auslöste; siehe gemeinderatssitzung und diverse klagen, oder klagsandrohungen. es überraschte, daß ein so kleines, chaotisch organisiertes team soviel unruhe im establishment hervorrief." Letztendlich mußte die Zeitung im Dezember 97 nicht zuletzt aus finanziellen Gründen eingestellt werden. Den finanziellen Todesstoß versetzte ihm die Klage des Chefredakteurs einer großen oberösterreichischen Zeitung, der sich aufgrund eines Hillinger Artikels bedleididgt fühlte. Dann, vergangenes Jahr, im Zuge der Diskussionen um den Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz, stellten auch Vertreter der Stadt Linz, die vorher nicht bereit waren, das Blatt zu fördern, fest, daß sowas wie der Hillinger fehle. Linz braucht eine Stadtzeitung hört man nun auch von offizieller Seite. Im politisch noch nicht entschiedenen Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz wird sogar explizit die "Förderung einer autonomen Stadtzeitung" gefordert. In der Szene selbst gab es bald nach der Einstellung des Hillinger wieder Bemühungen, erneut, ein derartiges Projekt ins Leben zu rufen, besser vorbereitet und nicht so sehr auf Selbstausbeutung aufbauend. Das hier vorgestellte Projekt ist nun der Versuch, in gemeinsamer Kraft der freien Szene erneut eine Stadtzeitung zu entwickeln. Kurt Holzinger ist Projekkoordinator. Ein Jahr steht zur Verfügung, um die nötigen Recherchen durchzuführen."
Kurt Holzinger: unsere Welt rückt zusammen. Die Medien liefern täglich die ganze Welt ins Haus. Gleichzeitig gibt es aber auch den Wunsch nach Information aus der Region, aus dem eigenen Bundesland. Die Globalisierung verstärkt den Wunsch nach Heimat, Identität, Geborgenheit und Vertrautheit. Als überzeugter Föderalist ist mir die regionale Berichterstattung ein besonderes Anliegen...blah, blah und so weiter blah blah blah und so fort... Sehr geehrte Damen und Herren, was ich hier soeben zitiert habe sind unter keinen Umständen meine Worte, sondern es sind die Worte unseres LH Pühringer, vorangestellt dem sogenannten "Medienhandbuch Oberösterreich". Dieser ca. 100-Seiten-starken Broschüre können wir entnehmen, dass zwar ein "Geflügelmast Aktuell" und auch eine "Sudetenpost" die hiesige Zeitschriftenlandschaft bereichern, nicht aber scheinen auf "Der Versorger", die Zeitung der Stadtwerkstatt, deren Redaktion Frau Dr. Kepplinger und ich die Ehre haben anzugehören, oder — um ein weiteres Beispiel aus dem Bereich der Kulturinitiativen zu nennen — der RÖDRUNNER, die lobenswerte Publikation des röd@ in Steyr. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich will mich keinesfalls über diese Tatsache beschweren. Vielmehr ist es mir herzlich egal, ob diese, unsere "eigenen Medien" der hiesigen Printmedienszenerie subsumiert werden. Den Begriff "eigene Medien" verwende ich hier im Sinn der autonomen a.f.r.i.k.a gruppe. Diese geht in ihrem Text "Bewegungsle(e/h)re" davon aus, dass es Sinn mache, die Medien der linken Gegenoeffentlichkeit hinsichtlich ihrer Funktion idealtypisch in 'alternative' und 'eigene' Medien zu unterscheiden. Ich zitiere: 'Alternative' Medien spiegeln sich vornehmlich an den buergerlichen Medien, indem sie bestaendig eine inhaltlich korrigierende und das bestehende Informationsspektrum ergaenzende Aufgabe wahrnehmen. Dabei kam den 'alternativen' Medien vor allem bei der Bereitstellung abweichender Lesarten sozialer und politischer Widersprueche in den 70er/80er Jahren eine wichtige Funktion fuer die Konstitution einer 'liberalen' Oeffentlichkeit zu. Davon zu unterscheiden ist die Herausbildung 'eigener' Medien, die nicht mehr so sehr auf die Bewusstwerdung der anderen, sprich auf eine direkte Beeinflussung bis Bereicherung der allgemeinen 'Oeffentlichen Meinung' setzen. Der eigentliche Unterschied zu den 'alternativen' Medien besteht dabei in der Art und Weise der Selbstpositionierung auf politischem Terrain, die sich nicht nur inhaltlich in explizit linken Stellungnahmen und Diskussionen aeussert, sondern auch ueber das Aufgreifen subkultureller Themen und Codes. Soll die zu entwickelnde Stadtzeitung für Linz nun ein "eigenes" oder ein "alternatives" Medium werden. Oder gar ein kleiner FALTER, der zwar amüsant zu lesen und wirklich hilfreich bei der Erstellung eines persönlichen Ausgehprogrammes ist, jedoch auch zu grossen teilen neoliberal wie sau. Wie soll sie also werden die PRAIRIE, so der Arbeitstitel für die zu entwickelnde "Stadtzeitung"? Wir wissen es nicht. Oder noch nicht. Ich zitiere jetzt aus dem Konzept Projekt "Stadtzeitung", das wir für den KUPF-Innovationstopf ´99 eingereicht hatten: "Linz braucht ein unabhängiges, kritisches Printmedium für und aus der Freie(n) Szene. Entwicklungsarbeit ist unabdingbar, um dieses Medium auf eine finanziell tragfähige, redaktionell vielseitige und eine in der Gesellschaft nachhaltig wirkende Basis zu stellen" Linz braucht selbstverständlich viel mehr als das. Soviel ist nach knapp dreimonatiger Recherche festzustellen, daß eine derartige Selbstbeschränkung auf das lokale Kulturgeschehen nur "laff" wäre, ein Ausdruck, der in dieser Gegend vor allem in den 70er Jahren gern verwendet wurde und etwas bezeichnet, was "fad, langweilig" ist. Dem Ausruck "laff" möchte ich das Adverb "wöd" gegenüberstellen, das vermutlich sinnigerweise von "Welt" herrührt und in einer Zeit des Aufbruchs und des Entstehens neuer sozialer Bewegungen, den 60er Jahren, dezitiert das Gegenteil von "laff" bedeutete. DIE PRAIRIE wird im Jahr 2000 "wöd" oder sie wird nicht(s) sein. Bis dahin gilt es einen Prozeß der Selbstpositionierung anzustrengen, sich darüber zu verständigen, in wie weit alte Konzepte von "Gegenöffentlichkeit" heute noch Gültigkeit haben oder modifiziert werden können; vor allem aber ist "am Gedanken festzuhalten, der radikale Veränderung meint." (frei nach Johannes Agnoli). Ein Freund aus einer bekannten Linzer Werbeagentur faßte seine Kritik an der Zeitschrift "hillinger" wie folgt zusammen: "Das war die Zeitung der Unzufriedenen für die Unzufriedenen." Ja, genau. Auch DIE PRAIRIE wird leider keine Zeitung der Zufriedenen für die Zufriedenen werden können."
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