| H O T E L E V I S I O N |
Markus Binder:Herr Ratzenböck, Guten Abend. Wir kommen von der Stadtwerkstatt, Stadtwerkstatt-TV, Sie wissen — Dr. Ratzenböck:Sie brauchen mir nichts erzählen, ich weiß alles. Markus Binder: Es ist am Monopol gescheitert. Dr. Ratzenböck: Wissen Sie, was ich getan habe da. Mit dem Auto, wie ich nach Eisenstadt gefahren bin, habe ich noch mit dem Herrn Bundeskanzler gesprochen und mit dem Minister Streicher. Aber es war einfach nicht zu machen. Sie sagen, wir sind in Verhandlungen, wenn wir da zustimmen, dann vertun wir das ganze Klima, deshalb also möglichst Verständnis haben. Ich hab’s eingesehen dann. (Dialog zwischen dem damaligen Landeshauptmann Dr. Ratzenböck und Markus Binder, Hotelevision, Stadtwerkstatt-Archiv) |
| Das Hotel als öffentlicher Ort des Kommens und Gehens, der konstanten Bewegung so wie ein Bahnhof, ein Flugplatz etc. Es erwies sich als taugliches Modell für ein Fernsehen, in dem Macher und Zuseher interaktiv zusammenwirken konnten. Es gab die Privatsphäre der Hotelzimmer und öffentliche Plätze im Haus. Gäste beteiligten sich entweder über die Zimmertelefone oder besuchten das Studio und lieferten Beiträge. Die Anliegen und Problematiken der Künstler wurden auf diese Weise direkt mit dem Medium in der dort vorhandenen Öffentlichkeit thematisiert.
Das Studio von Stadtwerkstatt-TV war in einem der Hotelzimmer installiert. Dort wurde von unterschiedlichen Redaktionen, die sich im Schichtbetrieb abwechselten, 24 Stunden täglich live Programm gemacht. Die Ressourcen für das Programm wurden einerseits von den in verschiedenen Räumlichkeiten des Hotels eingesetzten Kameras geliefert, die aktuelle Ereignisse verfolgten (Diskussionen, Interviews im Studio, diverse Inszenierungen, die speziell für das Programm unternommen wurden, Moderation etc.) und jeweils direkt in eine Sendung eingespielt werden konnten, andererseits von Material aus dem Bild- und Tonarchiv von Stadtwerkstatt-TV, diversen Fremdproduktionen und dem laufenden Festival-Programm der österreichischen Filmtage usw. Es erhebt sich die Forderung nach der Umkehrung des Monopols in sein Gegenteil: Jeder Empfänger ist, wenn er will, ein Sender. Sie können durch Anwählen dieses Codes empfangen werden. Es gibt also eventuell so viele Sender wie Empfänger. Dem Fernsehen ist damit sein Mythos genommen: Es ist nicht mehr tendenziell gut, was von einer übergeordneten Stelle wichtig genug genommen worden sein muß, um der Sendung wert zu sein. Nachdem das Fernsehen jederzeit und in beiderlei Richtung angewendet werden kann, verliert es seinen zwingenden und geschobenen Belang. Es ist nun zu einem wirklichen Werkzeug geworden, es gibt keinen mehr, der die letztendlich untragbare Verantwortung auf sich nehmen kann, auszuwählen und zu entscheiden, was allen gezeigt oder vorenthalten werden muß. In Österreich ist momentan Hotelfernsehen die einzige Möglichkeit, ein eigenes Fernsehprogramm zu verbreiten, ohne gegen die Verfassung zu verstoßen. (Monopol durch Volksbegehren 1966). Der Regisseur, der sich ums Phänomen Fernsehen kümmert, vergibt sich nichts dabei, wer sonst sollte das tun, um es qualitativ zu entwickeln? Stadtwerkstatt-TV bei diesen Filmtagen ist Versuchsballon und Service. (Pressepapier STWST-TV 1987) |